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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Social Lockpick I - Tutorial



Verence
16.12.2008, 21:43
Schönen guten Abend, alle zusammen!
Ich persönlich halte die Social-Engineering Sektion dieses Forums bisher für ausgesprochen mager, gehaltlos und wenig hilfreich. Und da sie mir als Kommunikationswissenschaftler und nicht Informatiker etwas mehr bedeutet als die restlichen „Technikecken“ werde ich mal den Versuch unternehmen, diese Sektion ein bisschen zu erweitern, einige Erfahrungen mit euch zu teilen und so vielleicht auch noch weitere dazu zu motivieren, hier ihr Wissen beizusteuern.
Hier also mein erstes Tut :



Journalismus öffnet Türen

In diesem Tutorial möchte ich euch näherbringen, wie man das deutsche Pressesystem auf einfache Art und Weise für sich nutzen kann.

Zuerst ein paar einleitende Worte:
Artikel 5 unseres Grundgesetzes sichert im ersten Absatz drei wichtige Freiheiten ab:

Meinungs-, Informations-, und Medienfreiheit.

Uns interessiert hier maßgeblich letztere. Die Medienfreiheit schützt nämlich im Gegensatz zu ihren Schwestern nicht hauptsächlich das Individuum, sondern die mit Medienberichterstattung verbundenen Institutionen wie Rundfunk und Presse.

Weiter interpretiert bedeutet das, dass es keine Zugangsbeschränkungen für den Journalistenberuf geben darf (was in Deutschland so auch umgesetzt wurde).

Dies alles läuft auf eine schlichte Erkenntnis hinaus: Jeder (Depp) darf sich in Deutschland Journalist nennen. Einfach so.
Er muss für keine Zeitung oder Agentur arbeiten, er ist dann Journalist, wenn er sich dafür entscheidet.

Dieser Fakt ist praktisch leider nicht wirklich nutzbar, also kaum mehr als eine Anekdote, das wirklich Wichtige kommt jetzt ;)

Was also tun?

Konkret kann man sich bei Institutionen, Organisationen, Privatpersonen von öffentlichem Interesse (Leiter von Bürgerinitiativen etc.) schlicht und ergreifend unter dem Namen einer Lokalzeitung (irgendwas kleines unwichtiges, sogar Anzeigenzeitungen sind kein Problem) telefonisch (!) anmelden, um eine kleine Berichterstattung in die Wege zu leiten. Fast alle Lokalzeitungen machen so etwas lächerliches tatsächlich, um redaktionelle Spalten zu füllen.

Bsp.: "Schönen guten Tag, hier Schmidt vom *Hier-Ihr-Kreis*-Blubb-Anzeiger, wie Sie vielleicht wissen, stellen wir jede Woche eine lokale Organisation, Vereinigung oder einen Betrieb näher vor. Diesmal würden wir uns freuen, unseren Lesern Ihre Bäckerei/Laienspielgruppe/Firma blablabla“ ^^

Gegebenenfalls denkt ihr euch auch einfach einen realen Hintergrund Aus, z.B. Interview mit dem dem Inhaber eines Spielwarengeschäfts anlässlich der Weihnachtszeit oder ähnliches, um das ganze authentischer zu gestalten.

Der Knackpunkt bei der ganzen Sache ist, dass ihr nur in den seltensten (~1 in 20, nach persönlicher Erfahrung) Fällen einen Identitätsnachweis geben müsst! Jeder ist für gewöhnlich von Free-Publicity begeistert und nicht nur sofort zur Terminvereinbarung bereit, sondern auch unvorsichtig.
Eventuelle Zweifel können jederzeit mit einer bei Terminwahrung fix an der Türschwelle zugesteckten Visitenkarte beseitigt werden. Nach einem Presseausweis (der eigentlich auch „nur“ zum Nachweis hauptberuflicher Journalistentätigkeit dient) oder ähnlichem werdet ihr nie gefragt werden (höchstens von der Polizei, lasst es nicht so weit kommen ;) ).

Was ihr also erreichen/bekommen könnt:
- Zugang zu Privatwohnungen, Büroräumen, ggf. Backstagebereichen, privaten Versammlungen/Feiern/Veranstaltungen

Was ihr dafür braucht/benötigen könntet; was euch hilfreich sein könnte:
- eine Telefonzelle (benutzt um Himmels Willen nicht eure eigene Leitung für Hochstapeleien! Und nein, für Rückrufe steht ihr leider nicht zur Verfügung)
- eine „redaktionelle“ Emailadresse (falls doch dringend Rückrufe gemacht werden müssen / ihr nicht gern am Telefon redet und auch mal gerne länger wartet ;) ; nutzt einfach einen öffentlichen Provider wie gmx oder freenet, kleine Zeitungen machen das tatsächlich) Bsp: generalanzeigermainz_redaktion@gmx.de, seid kreativ!
- ein paar gefälschte Visitenkarten (falscher Name und das Logo des verkörperten Presseorgans. Packt ansonsten noch alles drauf, was das ganze authentischer erscheinen lässt. Auf dünnen Karton drucken => fertig)
- eine vom Handgelenk baumelnde Kamera (kleine Zeitungen beschäftigen selten reine Fotojournalisten, der zuständige Redakteur kümmert sich für gewöhnlich um alles selbst)

Risiken:
- Lasst euch nicht wiedererkennen! Macht das also auf keinen Fall im Schuhladen nebenan oder im Kaufhaus um die Ecke, wo ihr womöglich noch einmal in eurem Leben reinmüsst. Falls ihr in einer Großstadt oder nur kurzfristig zu Besuch irgendwo seid - umso besser. Wenn ihr vorhabt, wirklich fiese Dinge mit den euch nun offenen Türen anzufangen, macht euch bei persönlichem erscheinen so unkenntlich wie möglich. Lasst euch für die Aktion Bärte wachsen oder tragt einen ausgefallenen Haarschnitt (der selbstverständlich danach verschwindet).
- Hütet euch vor Pressesprechern! Ist eine Institution groß genug, dass sie euch an ihren Pressesprecher verweist - vergesst es gleich oder nehmt ein hohes Risiko in Kauf. Pressesprecher stehen für gewöhnlich in stetigem Kontakt mit allen Lokalredaktionen, haben also die realen Telefonnummern und Emailadressen unmittelbar verfügbar und kennen häufig sogar einzelne der üblichen Redakteure. Bevor ihr also in Erklärungsnot geratet: lasst es!



Ihr könnt also relativ einfach Zugang zu ansonsten verschlossenen Orten erhalten. Was ihr damit macht ist eure Angelegenheit.

Auf jeden Fall ists wesentlich stilvoller (und hat eine wesentlich höhere Erfolgsquote, und das nicht nur bei älteren Menschen) als z.B. der Vertreter an der Tür, der Gasmann oder Elektriker oder was sonst noch so alles als sozialer Dietrich verwendet wird ;)

Für weitere Fragen stehe ich per PM zur Verfügung.

schuldig
16.12.2008, 21:44
super sache, freue mich auf mehr von dir, falls du wirklich planst diese sektion zu erweitern :)

M3lwin
16.12.2008, 22:05
Man weis nie, wann man sowas mal brauchen kann!
Super tutorial, danke, werd mich irgendwann sicher dran erinnern und gebrauch davon machen!

Cheers

Zeko
16.12.2008, 22:13
Sehr schönes Tutorial. Nicht zuletzt, weil es wirklich mal SE war und nicht "Wie bekomme ich Gratis-Packungen von Kellogs?".

hoschi111
16.12.2008, 22:29
Sehr schönes Tutorial, gut geschrieben (tolles Deutsch und Schriftbild und übersichtlich).

Ah. einfach herlich zu lesen.

Bis denn,
hoschi111

inyourface
16.12.2008, 22:37
Schön geschrieben.

Hättest vll weiter oben erwähnen können was man damit anstellen bzw. erreichen kann, aber trotzdem top.

Palme
16.12.2008, 23:04
Nun was man damit anstellen kann hat er unten ja erwähnt.


Ihr könnt also relativ einfach Zugang zu ansonsten verschlossenen Orten erhalten. Was ihr damit macht ist eure Angelegenheit.

Lass deiner Kreativität freien Lauf ;)



Ich fande das Tutorial auch sehr angenehm zu lesen! Mal gucken ob sich damit was machen lässt. Und wie meine vorposter schon sagten ich freue mich auch sehr auf das aufpeppen dieser Sektion weil ich grade Social Engineering für eine Kunst des Hackens halte und sie sehr schätze wenn Leute diese beherrschen.

maoshe
16.12.2008, 23:08
in österreich gibts leider das problem, dass man ÜBERALL bei geschlossenen veranstaltungen seinen presseausweis herzeigen muss....

Verence
16.12.2008, 23:25
in österreich gibts leider das problem, dass man ÜBERALL bei geschlossenen veranstaltungen seinen presseausweis herzeigen muss....

Anhang

Wie bereits erwähnt zeugt das Tutorial aus eigenen Erfahrungen, s.h. ich kann nichts verbindlich sagen und für Österreich schon leider überhaupt nicht ^_^ (Ich weiß auch ehrlich gesagt gar nicht, welche Funktion der Presseausweis in Ö. hat, bzw von wem er dort ausgestellt wird - in Deutschland sind es die größeren Journalistenverbände - so u.a. DJV. Für Infos zur Situation im Ausland - sowie weitere Ergänzungen und Verbesserungsvorschläge - bin ich natürlich jederzeit dankbar :D)

Als Faustregel gilt:
Je offizieller/bekannter das Opfer/die Veranstaltung, desto wahrscheinlicher ist es natürlich, dass man genauer unter die Lupe genommen wird.

Also erwartet nun nicht, dem Vorstandstreffen von Siemens beiwohnen zu können, oder mal eben ungefragt hinter die Bühne des nächsten DieTotenHosen-Konzerts zu schlendern.

Wenn ihr euch als Lokalreporter ausgebt, solltet ihr auch beachten, dass sich das Spektrum der Berichterstattung bzw. das Budget von Lokalzeitungen generell in Grenzen hält.

Also - bleibt bescheiden! :wink:

Gondolin
19.12.2008, 17:46
mh, interessant... toller post :wink:

av!l!ty
21.12.2008, 14:09
Jop sehr schönes tut und schön umfangreich beschrieben.TOP


lg

Grim-Reaper
21.12.2008, 15:26
Sehr schönes Tut. TOP

KleverKing
21.12.2008, 16:18
Sehr, sehr interessant ehrlich mach weiter mit solchen Themen und ich bin immer dabei ;)