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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Bundesrat lehnt Entschädigungsregelung für TK-Überwachung ab



kingweed
14.02.2009, 13:38
Branche beklagt Scheitern nach jahrelangen Beratungen

Der Bundesrat hat eine Kompromissregelung zur Entschädigung der TK-Unternehmen bei staatlichen Überwachungsmaßnahmen abgelehnt. Das TK-Entschädigungs-Neuordnungsgesetz (TKEntschNeuOG) ist heute in der Länderkammer gescheitert, der Vermittlungsausschuss wurde angerufen.



Die im Bundesrat vertretenen Länder wehren sich gegen die Höhe der geplanten Entschädigungen für TK-Überwachung und Datenauskünfte. Der Bundesrat hat deshalb in seiner Sitzung am 13. Februar 2009 den Vermittlungsausschuss zu der vom Bundestag beschlossenen Neuregelung angerufen. Der Kompromiss ist damit erneut gescheitert.

Ein Großteil der vorgesehenen Pauschalen soll gekürzt werden, gab der Bundesrat bekannt. Zur Begründung erklären die Länder, dass die Telekommunikationsunternehmen rechtlich verpflichtet seien, die Strafverfolgungsbehörden bei ihren Ermittlungen zu unterstützen. Die Höhe der Entschädigung könne sich darum nicht an den marktüblichen Preisen orientieren. Zuschläge für Arbeiten außerhalb der üblichen Geschäftszeiten müssten gestrichen werden. Auch andere Sachverständigengruppen erhielten dafür keine zusätzlichen Entschädigungen, argumentierten die Ländervertreter. Die Telekommunikationsbranche hätte kein Recht auf Bevorzugung.

Der Bundesrat beriet zum zweiten Mal über das TKEntschNeuOG.

Der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) hatte zuvor noch an die Länderregierungen appelliert, die nach jahrelangen Beratungen gefundene Kompromissregelung nicht zu gefährden. Der Staat habe seine Anforderungen an die TK-Unternehmen, unter anderem durch die Vorratsdatenspeicherung, in den vergangenen Jahren immer weiter ausgedehnt. "Wenn der Staat Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen vornimmt und dazu private Unternehmen verpflichtet, müssen die Kosten auch vom Staat übernommen werden. Das sieht unsere Verfassung so vor", betonte VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner.

Eine Entschädigungsregelung könne zudem zum verantwortungsbewussten Umgang mit den Abfragemöglichkeiten beitragen. In Österreich etwa sei die Zahl der Abfragen bei den TK-Unternehmen nach Festsetzung der Entschädigung deutlich gesunken.

Das Berliner Verwaltungsgericht hatte Anfang Februar (http://www.golem.de/0902/65024.html) erneut ein Unternehmen vorläufig von der Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung nach Paragraf 113a Telekommunikationsgesetz entbunden. QSC könne nicht gezwungen werden, die Infrastruktur zum Datensammeln vorzuhalten, so das Gericht in einem Entscheid vom 16. Januar 2009. Der Zwang zur Datenspeicherung ohne eine Entschädigung für die Kosten sei verfassungswidrig.

"Bis zu einer endgültigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird die QSC AG daher keine IP-Verkehrsdaten gemäß der Vorratsdatenspeicherung erheben und speichern", sagte Firmensprecher Dennis Knake Golem.de.

Im Oktober 2008 hatte das Verwaltungsgericht in einem Verfahren für die British Telecom (BT) bereits ebenso entschieden (http://www.golem.de/0810/63073.html). Die Überwachung sei eine dem Unternehmenszweck des Klägers wesensfremde Aufgabe, so die damalige Begründung. Vielmehr sei es der Firma verfassungsrechtlich aufgegeben, die Telekommunikation ihrer Kunden vertraulich und abhörsicher zu gestalten.

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wird nach den Berliner Entscheiden über die Entschädigungsansprüche von BT und QSC zu urteilen haben. Ein Urteil ist erst in einem bis anderthalb Jahren zu erwarten.

Mit dem Herausbrechen jeder weiteren Firma aus dem Abhörwall wird das Ziel einer lückenlosen Überwachung der Telekommunikationsverbindungen aller EU-Bürger weiter untergraben. Auch das erneute Scheitern der TKEntschNeuOG vor dem Bundesrat kann darum die Datenschützer nur freuen.




Quelle: golem.de