PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : [Global] Kroes will Schnüffelsoftware-Export kontrollieren



Javatar
10.12.2011, 23:45
EU-Kommissarin Neelie Kroes will sich dafür einsetzen, dass europäische Firmen keine Schnüffeltechnik mehr an Diktatoren verkaufen. In Syrien, Ägypten und anderswo ist nachweislich westliche Technologie eingesetzt worden. Kroes will dagegen angehen - mit einem überraschenden Unterstützer.
Den Haag - Die Europäische Union will Dissidenten in totalitären Regimen besser unterstützen - und zwar, indem sie sich für ein freies Internet einsetzt. Das erklärte EU-Kommissarin Neelie Kroes am Freitag. Der Arabische Frühling sei ein Weckruf gewesen, was das Verhältnis von Technologie und Menschenrechten angehe, so Kroes. Social-Networking-Dienste wie Facebook und Twitter, Videoplattformen wie YouTube und andere Netz-Dienste haben bei der Organisation von Protesten in Ägypten, Syrien und anderswo eine Rolle gespielt, außerdem dringen über die Sozialen Medien Informationen, Fotos und Handyvideos aus Regionen in die Öffentlichkeit, in denen die Regime Pressearbeit unterbinden oder drastisch einschränken.
Sie fühle sich "verpflichtet, zu tun, was ich kann, um ihre Sache zu unterstützen", sagte Kroes mit Blic auf Dissidenten wie den russischen Blogger Alexej Navalny, der diese Woche für 15 Tage inhaftiert worden war, nachdem er an Protesten gegen mutmaßlichen Wahlbetrug in Russland teilgenommen hatte. Am Montag will Kroes eine Initiative zur Internetfreiheit vorstellen - angeblich mit einem überraschenden Unterstützer an ihrer Seite. Mehreren Nachrichtenagenturen zufolge wird der ehemalige deutsche Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg mit Kroes gemeinsam auftreten. Er ist bislang nicht als Vorkämpfer für Internet- und Kommunikationsfreiheit in Erscheinung getreten.
Für europäische Unternehmen, die Überwachungstechnik vermarkten, könnte Kroes' Vorstoß gravierende Folgen haben. Wie SPIEGEL ONLINE wiederholt berichtet hat (siehe Kasten), gibt es in Europa und wohl auch in Deutschland diverse Unternehmen, mit deren Hilfe auch Regime wie das syrische ihre Bürger überwachen und gängeln. Kroes sagte dazu: "Wenn Technologie von bestimmten repressiven Regimen benutzt wird, um unschuldige Bürger zu identifizieren und ihr Leben oder ihre Freiheit in Gefahr zu bringen, dann sollten wir das wissen." Es sei "höchste Zeit für die Branche, sich zu entscheiden, wo sie steht und wie sie sich verhalten wird. Wenn schon nicht aus moralischen Gründen dann doch wenigstens aus Gründen des unternehmerischen Rufes. Dafür bekannt zu sein, Despoten die Werkzeuge für ihre Unterdrückung zu verkaufen, ist, um es milde auszudrücken, schlechte PR."
Bei einer Konferenz zur Internetfreiheit, die derzeit im niederländischen Den Haag stattfindet, will Kroes am Montag Einzelheiten ihrer Pläne vorstellen. Unter anderem setzt sie sich dafür ein, Dissidenten in autoritär geführten Ländern digitale Werkzeuge zum Selbstschutz und zur unzensierten Kommunikation zugänglich zu machen.
In Deutschland gibt es eine Reihe von Unternehmen, die Technik zur Netz-Überwachung und -Kontrolle herstellen und verkaufen. Auf einer vergangene Woche von der französischen Internetplattform Owni in Zusammenarbeit mit WikiLeaks online gestellten Karte tauchen 15 deutsche Firmen auf.
Die ARD berichtete am vergangenen Mittwoch, die Bundesregierung habe Exportgeschäfte auch mit unterdrückerischen Regimen sogar mit Kreditgarantien, sogenannten Hermes-Bürgschaften unterstützt. Die Bundestagsfraktion der Grünen eine hat eine Kleine Anfrage zu dem Thema an die Bundesregierung gerichtet.


Quelle; SpiegelOnline