Ein ganzer Schulbezirk muss sich in den USA bald vor Gericht verantworten. Man hatte an die Schüler Laptops verteilt, damit diese besser lernen können. Was die Schüler nicht wussten: Die Webcam der Laptops wurde offensichtlich regelmäßig per Fernwartung missbraucht.
Ein US-Bezirksgericht muss sich mit einer interessanten Klage beschäftigen. Diese richtet sich gegen Vertreter des Lower Merion School District in Rosemont (USA). In diesem Bezirk wurde allen Schüler ein Laptop zur Verfügung gestellt. Dies sollte ein besseres Lernen ermöglichen. Mehr als 2.000 tragbare Computer wurden verteilt. Die Schüler nahmen die Geräte selbstverständlich auch mit nach Hause. Der Zugriff auf Schul-Ressourcen sollte ihnen somit jederzeit möglich sein.
Was die Schüler nicht wussten: Die Laptops der Marke Apple waren mit einer Fernwartungssoftware gespeist. Mit dieser war es möglich, die Webcam zu aktivieren. Auch eine Ortung des Geräts war somit möglich. Wie der Schulbezirk zwischenzeitlich in einer Stellungnahme erklärt, seien diese Maßnahmen jedoch nur dafür gedacht gewesen, die Geräte im Falle eines Diebstahls wiederzufinden. Die Intention mag gut gemeint gewesen sein. Doch wer Macht hat, missbraucht diese meistens auch.
Dies ist auch der Grund, warum sich der Schulbezirk nun vor Gericht verantworten muss. Geklagt haben die Eltern des Schülers Blake Robbins. Im vergangenen Jahr erhielt er von einem Lehrer seiner Schule einen Verweis.
"Ungebührliches Verhalten" wurde im vorgeworfen. Das Problem: Das vorgeworfene Verhalten fand zu Hause bei seinen Eltern statt. In einem Bereich, der aus gutem Grund privat ist. Neben der Frage, ob eine Maßregelung außerhalb der Schule überhaupt durchzusetzen sei, stellte sich ein anderes Problem. Der Lehrer legte dem Schüler ein Beweisfoto seiner
"Tat" vor. Dieses war mit der Webcam des Notebooks aufgenommen worden - per Fernwartung.
Dass dies eine Verletzung der Privatsphäre ist, sieht der Schulbezirk bislang nicht im geringsten ein. Aus deren Stellungnahme:
"[...]. Dieses Feature wurde nur für in besonders limitierten Fällen genutzt, wenn ein verlorenes oder gestohlenes Laptop gefunden werden musste. Der Bezirk hat das Tracking-Feature oder die Webcam für keine anderen Zwecke oder Ziele verwendet."
Der Laptop von Blake Robbins war weder als verloren noch als gestohlen gemeldet. Aus diesem Blickwinkel betrachtet stellt sich die Frage, mit welcher Rechtfertigung der stellvertretende Schulleiter seiner Schule nun Zugriff auf den Laptop genommen hat. Dass er sich gerade zufällig und ungewollt mit dem Laptop verbunden hatte, dürfte wohl auszuschließen sein. Wahrscheinlicher ist wohl, dass er den Schüler bereits langfristig im Auge hatte. Was jedoch nicht zur Klärung beiträgt, sondern vielmehr weitere Fragen aufwirft: Wurden weitere Schüler regelmäßig überwacht und vor allem in welchen Situationen hat man sie beobachtet?
Die Klage von Michael und Holly Robbins ist wohl der erste Schritt, dies zu klären. Sie steht stellvertretend für alle Eltern, die sich daran beteiligen wollen. Deren Klageschrift beschuldigt den Schulbezirk, illegale Aufzeichnungen erstellt zu haben. So heißt es: "
Da die Laptops zu Hause regelmäßig von Schülern und Familienmitgliedern genutzt wurden, gehen wir davon aus, dass viele der aufgenommenen und abgefangenen Bilder Minderjährige und deren Eltern oder Freunde zeigen. In kompromittierenden oder beschämenden Positionen, inklusive zahlreicher Abstufungen von bekleidet bis unbekleidet."