Kernfusion
Weg frei für Testreaktor „Iter“





Das Milliardenprojekt „Iter“ zur Stromgewinnung aus der Kernfusion ist unter Dach und Fach. Der Testreaktor ist der erste im Kraftwerkmaßstab.

Der Vertrag zur Errichtung des fünf Milliarden Euro teuren Forschungsreaktors im südfranzösischen Cadarache wurde am Dienstag im Pariser Elyséepalast unterzeichnet. Projektpartner sind die Europäische Union als Hauptfinanzier sowie die USA, Russland, China, Japan, Indien und Südkorea.

Das Wort „Iter“ steht für International Thermonuclear Experimental Reactor (Internationaler Thermonuklearer Experimenteller Reaktor) und bedeutet lateinisch „Der Weg“ – der Testreaktor soll den Weg für die industrielle Energiegewinnung aus der Kernfusion ebnen. Der internationale Testreaktor soll die erste Kernfusionsanlage im Kraftwerkmaßstab werden und als erste überhaupt netto Energie produzieren. Bereits 1991 war es am europäischen Forschungsreaktor „Jet“ bei Oxford erstmals gelungen, die in einem Fusionskraftwerk vorgesehene Reaktion in Gang zu setzen – allerdings musste noch mehr Energie hineingesteckt werden als herauskam.

Von der Sonne abgeschaut

Für die Kernfusion in einem Kraftwerk wird das leichteste chemische Element, Wasserstoff, zu Helium verschmolzen. So gewinnt auch die Sonne den größten Teil ihrer Energie. Der Wasserstoff-Atomkern besteht normalerweise aus einem einzigen Teilchen, dem Proton. Fusionsreaktoren arbeiten mit den Wasserstoffvarianten Deuterium, das ein zusätzliches Neutron enthält, und Tritium mit zwei zusätzlichen Neutronen. Bei sehr hoher Temperatur und ausreichender Dichte können sich die beiden Wasserstoffsorten so nahe kommen, dass sie sich vereinigen. Dabei entsteht ein Heliumkern, der aus je zwei Protonen und Neutronen aufgebaut ist.

Ein Neutron bleibt bei dieser Reaktion übrig und verlässt wegen seiner elektrischen Neutralität den magnetischen Käfig, der die Atomkerne im Reaktor bändigt. An der Reaktorwand gibt es seine Energie in Form von Wärme ab. Mit der Energie der Fusionsneutronen wird ein Kühlmittel erhitzt und zur Stromerzeugung durch Turbinen geleitet.

Weniger Radioaktivität als bei Kernspaltung

Die Kernfusion hat im Vergleich zur Kernspaltung einen entscheidenden Vorteil: Bei einem Fusionskraftwerk entsteht eine vergleichsweise geringe Menge an Radioaktivität. Die in der Kernverschmelzung frei werdenden Neutronen erzeugen radioaktive Elemente, wenn sie auf die Reaktorwand treffen. Das strahlende Reaktorgefäß muss daher nach Betriebsende entsorgt werden. In 100 Jahren sinkt dessen Radioaktivität nach Angaben des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik auf ein Zehntausendstel des Anfangswerts.

Quelle - Focus.de