Daniel Schmitt verlässt WikiLeaks

Ein deutscher Informatiker, der als Pseudonym den Namen "Daniel Schmitt" benutzte, war in den letzten Jahren der prominenteste deutsche Sprecher der Whistleblowing-Plattform WikiLeaks. Nun verließ er das Projekt. Dabei ging offenbar nicht alles harmonisch zu - Schmitt äußerte Kritik am Führungsstil von WikiLeaks-Chef Julian Assange, Assange behauptet, Schmitt sei herausgeworfen worden.

Gegenüber dem Spiegel nannte Schmitt erstmals seinen richtigen Namen, Daniel Domscheit-Berg. Als Grund für seinen Schritt, WikiLeaks zu verlassen, nannte er interne Probleme, schlechtes Krisenmanagement und vor allem den Führungsstil von Julian Assange. "Wir alle hatten in den letzten Monaten wahnsinnigen Stress. Es sind Fehler passiert, was in Ordnung ist, solange man daraus lernt. Dafür muss man sie sich aber eingestehen. Vor allem scheint das Vertrauen verlorengegangen zu sein, dass wir an einem Strang ziehen," so Schmitt. Der Aktivist berichtet, er habe des Öfteren kritisiert, dass WikiLeaks sich zu sehr auf die großen Projekte konzentriert habe und dabei kleinere, nationale Dokumente vernachlässigt worden seien. Er hatte stets - auch im Interview mit gulli:News - die Wichtigkeit auch vermeintlich kleinerer -Leaks und ihrer Auswirkungen auf die Gemeinschaft betont. Bei Assange allerdings, so Schmitt, sei er mit dieser Kritik auf taube Ohren gestoßen: "Ich habe mehrfach versucht, das anzustoßen, aber Julian Assange hat auf jede Kritik mit dem Vorwurf reagiert, ich würde ihm den Gehorsam verweigern und dem Projekt gegenüber illoyal sein."

Der angeblich autoritäre Führungsstil von Julian Assange geriet in den letzten Monaten häufiger in die Kritik. Anfang des Monats ging die isländische Parlamentarierin und WikiLeaks-Unterstützerin Birgitta Jonsdottir mit der Forderung an die Öffentlichkeit, Assange sollte seinen Führungsposten aufgrund bisher nicht restlos widerlegter Vergewaltigungsvorwürfe räumen (gulli:News berichtete). Jonsdottir berichtete damals, Assange sei zu einem solchen Schritt nicht bereit. Ihre damalige Aussage "es sollte nicht eine Person für WikiLeaks sprechen, sondern viele Personen" legte den Schluss nahe, dass sie sich ebenfalls flachere Hierarchien und eine Verteilung von Aufgaben auf mehr Personen bei WikiLeaks wünscht. Auf der Whistleblowing-Website Cryptome tauchten ebenfalls mehrere Dokumente auf, die ein autoritäres Auftreten Assanges und eine Unzufriedenheit vieler Unterstützer nahelegten. Die Echtheit dieser von einem angeblichen "WikiLeaks Insider" verfassten Dokumente konnte aber nie bestätigt werden. Schmitt jedenfalls berichtet, dass außer ihm auch andere Mitarbeiter unzufrieden mit der Situation bei WikiLeaks seien: "Da gibt es eine Menge Unmut, und einige werden wie ich aussteigen."

Eine andere Version der Ereignisse gibt es beim offiziellen WikiLeaks-Twitter-Account zu lesen. Dort schreibt jemand - vermutlich Julian Assange -, die Berichte über einen Rücktritt Schmitts seien "irreführend". Er sei vielmehr bereits vor einem Monat suspendiert worden.

Quelle: gulli.com
Weitere Quelle: heise.de | golem.de | spiegel.de