Washington/Jerusalem (dapd). Ein rätselhafter Computervirus namens "Stuxnet" hält den Iran in Atem. Von den Hintermännern der Cyber-Attacke auf rund 30.000 Rechner iranischer Atomanlagen fehlt jede Spur. Geheimdienstkreise äußerten am Montag in Washington gegenüber der Nachrichtenagentur dapd die Vermutung: "Es könnte der israelische Geheimdienst Mossad dahinterstecken".

27.09.10 - Gemeindienstexperten in Jerusalem meinten, die Mossad-Leute hätten einen Versuch unternommen, wie die umstrittenen iranischen Atomanlagen "auf elegante Weise" mit Computerviren abgeschaltet werden könnten. Die israelische Regierung habe "endgültig erkannt", dass die tief verbunkerten iranischen Atomwerke, die überall im Land verstreut sind, "kriegerisch nicht außer Gefecht gesetzt werden können". Der erste Cyber-Angriff sei "zufriedenstellend verlaufen", ließ ein Geheimdienstler wissen.


Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte schon vor seinem Amtsantritt keinen Zweifel daran gelassen, dass er den Iran den Weg zur Nuklearmacht "nicht gehen lassen wird". Iran werde nie in den Besitz von Atomwaffen kommen. CIA-Chef Leon Panetta hatte erst vor kurzem erklärt, der Iran verfüge über genügend niedrig angereichertes Uran für zwei Atombomben. Sollte es die iranische Regierung darauf anlegen, könnten diese Nuklearwaffen in zwei Jahren einsatzbereit sein.

Nach Aussagen von Geheimdienstexperten stehen hinter den vermuteten israelischen Versuchen, die iranischen Rechner lahmzulegen, die Amerikaner. Nach US-Medienberichten arbeiten amerikanische und auch "andere Geheimdienste" seit Jahren an der Sabotage des iranischen Atomprogramms. Der Cyberwar-Experte James Lewis vom Zentrum für Strategische Studien in Washington erläuterte, es sei zwar einfach zu sagen, dass der jetzt aufgetauchte rätselhafte Computerwurm "Stuxnet" in den Vereinigten Staaten entwickelt worden sei. Dafür gebe es aber keine Beweise.

"Es handelt sich bei "Stuxnet" um den raffiniertesten Computerschädling, den es ja gab", sagte Alan Bentley von der US-Sicherheitsfirma Lumension laut US-Medienberichten. "Stuxnet" ziele direkt ins Herz auch der kompliziertesten Computer-Infrastruktur. Einzelne Hacker hätten es nie schaffen können, einen derart ausgeklügelten Trojaner zu programmieren. Angesichts des ausgezeichneten Know-Hows des Wurms müsse ein Staat mit besonders ausgebildeten Hacker-Spezialisten dahinterstecken. Um an den Virenwächtern und anderen Sicherheitseinrichtungen der modernen Betriebssysteme vorbeizukommen, hätten die Programmierer auf "Zero-Day-Exploits" gesetzt. Das sind Sicherheitslücken, für die es noch keinen Schutz gibt.

Wie Teheran bestätigte, wurden auch die Rechnersysteme des ersten iranischen Atomkraftwerkes Buschehr in Südiran von "Stuxnet" angegriffen. Das Werk war vor Jahrzehnten noch unter dem Schah mit deutscher Hilfe begonnen worden. Wie auch mit den anderen neu gebauten Atomanlagen arbeite Teheran daraufhin, mit seiner "atomaren Überlegenheit" die Vormachtstellung im Nahen Osten zu erringen, meinten deutsche Geheimdienstler übereinstimmend mit anderen Nachrichtendienstlern. So würden beispielsweise die Saudis, die Vereinigten Emirate und Dubai die "atomaren Bemühungen Irans und den möglichen Bau einer A-Bombe mit großer Aufmerksamkeit verfolgen".

Gegen atomare Bedrohungen hatte Israel schon zweimal "exemplarisch" zugeschlagen. Im Juni 1981 flogen in aller Heimlichkeit acht F-16-Kampfbomber die 900 Kilometer von Israel in den Irak und zerstörten den Osirak-Reaktor des damaligen Diktators Saddam Hussein. Er wollte eine Atombombe bauen. Das zweite Mal schlug Israel mit einer geheimen Kommandoaktion am 6. September 2007 in Syrien zu. Mossad-Agenten hatten die Entwicklung vor Ort ausspioniert und die Möglichkeiten geschaffen, dass israelische Kampfflugzeuge die syrische Nuklearanlage im Osten des Landes "überfallmäßig" vernichten konnten. Damaskus hatte den Bau der Atomanlage stets abgestritten. Die Iraner beteuern ebenfalls, nie an einer Atombombe zu bauen. Ihre atomaren Anlagen würden nur friedlichen Zwecken dienen.

Kein Geheimdienst der Welt ist so geheimnisumwoben wie der israelische Mossad. Er gilt als der effizienteste, aber auch rücksichtsloseste Geheimdienst und stützt sich auf ein ausgeklügeltes Informationssystem. Es wurde von Meir Amit aufgebaut. Er war der Chef des Mossad von 1963 bis 1968. Erst Anfang diesen Jahres kamen Agenten des Mossad in den Verdacht, den Hamas-Führer Mahmud al-Mabhuh in Dubai "liquidiert" zu haben.
Quelle: Freie-Allgemeine